Ach Leute, eigentlich sollte ich mich doch total freuen, denn ich fliege am Samstag in den Urlaub. Aber heute war mein Gespräch beim Arbeitsvermittler und der hat es doch tatsächlich geschafft, mich emotional so fertig zu machen, dass ich einfach niemanden mehr sehen und hören will. Mein Plan für heute? Mit Joghurt und Erdbeeren ab ins Bett, Fernseh an und macht mir die Sinnflut..
Ich habe noch nie einen Menschen erlebt, der so uneinsichtig, herablassend und stur ist, wie dieser Vermittler. Es gibt kein Herankommen an eine Verlängerung für meinen 1-Euro Job, obwohl man bis auf 2 Jahre verlängert werden kann. Mein Alter ist der Grund, sagt er. Dabei kann man so einen Job schon mit 15 Jahren machen. Für ihn ist eine Verlängerung nur sinnvoll, wenn man Ende 50 oder auf gut Deutsch ein Assi ist, die man eh nicht in ein richtiges Arbeitsverhältnis vermitteln kann. Dass ich mit Leber- und Lungenmetastasen dasitze, wöchentlich zu Chemo muss, ist für ihn kein Grund, mich in mein Wunsch-Arbeitsverhältnis zu lassen, bei dem ich meine Arbeitsstunden auf meine Therapie abstimmen kann und wo ich mich wohl fühle. Nein, stattdessen wollte er mich heute schon in die erste Maßnahme stecken, damit ich natürlich nicht wieder in der Arbeitslosenstatistik auftauche. Natürlich wäre der Maßnahmeträger wieder irgendwo in Halle, wo ich erst eine Stunde mit Bus und dann fast noch einmal so lange mit der Bahn fahren müsste. Hin und zurück und das jeden Tag, monatelang. Als Alternative bot er mir eine andere Maßnahme an, in der nur Behinderte sind und die zum Ziel hat, über Praktikas Menschen mit Behinderung in ein Arbeitsverhältnis zu bringen. Das klingt eigentlich auch nicht so viel besser, aber wir sind dann direkt dorthin gefahren, da ich ja klären musste, inwieweit sich diese Maßnahme für mich lohnt, wenn ich wöchentlich zur Chemo und zur Blutkontrolle muss.
Als ich dann im Auto vor’m Jobcenter saß, fing ich erst einmal bitterlich an zu weinen und hatte vor lauter Stress schon fast Streit mit meiner Mutti. Ich kann ja das Gespräch hier nicht wortwörtlich wiedergeben, aber wir saßen eine Stunde bei meinem Vermittler und das war die schlimmste Stunde, die ich überhaupt bei einem Arbeitsvermittler verbracht habe. Dieser Mensch hat es nicht verdient, Arbeitsvermittler zu sein und er zeigt einem auch, dass er am längeren Hebel hängt. Das Gespräch hat mich so aufgelöst, dass ich mich gar nimmer eingekriegt habe und dann war ich so aufgeregt, weil ich nun noch nach Neustadt fahren musste und ich mich in Halle so überhaupt nicht auskenne und gar nicht wusste, wie ich dorthin kommen sollt. Zum Glück hatte ich mein Handy bei, welches ja eine Navifunktion hat. So fanden wir am Ende diese Einrichtung auch.
Der Mann dort war wirklich sehr sehr nett und einsichtig. Im Gespräch mit ihm hat man gemerkt, dass er mich kranken und behinderten Menschen eben mehr zu tun hat und diese auch besser versteht, wie so ein Möchtegernvermittler vom Jobcenter. Er konnte das Verhalten meines Vermittlers gar nicht verstehen und hat uns am Ende einen Tipp gegeben und will uns sogar dabei helfen: Ich könnte für 16 Stunden/Woche beim Heimatverein angestellt werden und das auf 3 Jahre. Dabei würde ich über 400€ verdienen und das meiste vom Lohn würde durch Förderungen gedeckt werden. Der Verein müsste dann „nur“ 10% des Lohnes tragen und da meine Mutti die Vereinsvorsitzende ist, meinte sie, dass sie das Geld dann aus ihrer eigenen Tasche zahlen würde. Dieses Konzept ist ähnlich wie das, was wir damals mit dem Integrationsamt besprochen haben. Wer ein langer Leser meines Blogs ist, erinnert sich vlt noch daran, dass ich mal beim Integrationsamt war, um in so eine Art Bürgerarbeit hereinzurutschen, die vom Amt gefördert würde und der Verein hätte eben noch einen gewissen Prozentsatz selbst tragen müssen. Dieser Vorschlag wurde ja von meinem Vermittler zunichte gemacht.
Der nette Mann aber will versuchen, das alles ohne meinen Vermittler abzuwickeln. Er will sich mti dem Integrationsamt in Verbindung setzen und auch mit dem Chef vom Jobcenter.
Nach diesem Gespräch fiel uns beiden sooooo ein großer Stein vom Herzen, aber ich war auch fix und fertig und konnte meine Augen kaum noch offen halten.
Ach, jetzt hab ich sooo viel geschrieben. Ich hoffe, euch geht es gut. Nun kommen wir mal noch zu dem Erfreulichen: Am Samstag flieg ich in den Urlaub und ich freu mich wirklich sehr. Endlich abspannen und Ruhe genießen, Energie auftanken, um dann am 02.07. in die neue Chemotherapie zu starten. Ja, ich habe den Start verschoben und mir Caelyx noch einmal geben lassen. Mir war das Risiko zu hoch, dass es mir im Urlaub schlecht gehen oder ich meine Haare verlieren könnt.
Apropos Haare: Gott, sind meine Haare furchtbar. Ich habe das Gefühl, dass sie durch die Chemo irgendwie abgestorben sind. Ich verliere auch immer mehr Haare, was man so aber nicht sieht. Aber das Kämmen ist eine Qual. Meine Haare fassen sich an wie Stroh, sie verziepen und bilden Knötchen. Andererseits habe ich das Gefühl, dass sie gar nimmer fetten. Also als ob sie durch die Chemo abgestorben sind, aber nicht ausfallen. Ganz komisch. Ich hab zwar nicht mehr viele Wochen mit meinen Haaren, aber falls jemand einen tierversuchsfreien Tipp für eine schöne Pflege hat, nehme ich das gern an. Es ist gar nicht so einfach, etwas zu finden, was nicht den Stempel „Tierversuche“ auf der Packung hat..
Puh, so. Nun denn, falls wir uns nimmer lesen, ich berichte dann nach dem Urlaub 🙂
Tschüssi.